Deutschland: Urkundsnotar als Testamentsvollstrecker

BGH, Beschluss vom 23. Februar 2022 - IV ZB 24/21

Zur Einsetzung des Urkundsnotars als Testamentsvollstrecker in einem eigenhändigen Testament im Anschluss an die Beurkundung einer letztwilligen Verfügung.

 

I.              Sachverhalt

Der Erblasser und dessen Ehefrau errichteten im Oktober 2001 einen Erbvertrag, der von Notar N beurkundet worden ist. Am selben Tag setzten die Eheleute ein von beiden unterzeichnetes handschriftliches Schreiben auf, das wie folgt lautete:

 

            „Nachtrag zum Erbvertrag vom 15.10.2001, UR-Nr. 5424/2001  Notar N

 

            Ordnet jeder von uns Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll Notar N sein .“

 

Nach dem Tod des Erblassers hat der N die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt, was das Nachlassgericht abgelehnt hat. Auf die Beschwerde des N hat das OLG die Entscheidung aufgehoben. Hiergegen wurde Rechtsbeschwerde eingelegt, mit dem Begehren der Zurückweisung der Beschwerde des Notars gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts.

 

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

 

II.             Entscheidung

Das Beschwerdegericht habe zu Recht angenommen, dass dem Notar das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen ist, da er durch letztwillige Verfügung des Erblassers zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden ist. Der Wirksamkeit seiner Ernennung stehen die §§ 27, 7 Nr.1 BeurkG nicht entgegen.

Nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG ist die Beurkundung einer letztwilligen Verfügung insoweit unwirksam, als darin der Urkundsnotar zum Testamentsvollstrecker ernannt wird. Der Notar hat aber die Verfügung, durch die der Erblasser ihn zum Testamentsvollstrecker ernannt hat, nicht beurkundet. Dieser Teil der letztwilligen Verfügung des Erblassers ist nicht gemäß § 2332 zur Niederschrift eines Notars errichtet worden. Der vom Notar beurkundete Erbvertrag enthält keine Benennung eines Testamentsvollstreckers. Der so bezeichnete Nachtrag zum Erbvertrag, in dem Notar N als Testamentsvollstrecker benannt wurde, wurde hingegen eigenhändig als Testament errichtet.

 

Der BGH sieht in der hier vorgenommenen Gestaltung auch keine Umgehung des Mitwirkungsverbots aus den §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG. Der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung in einem eigenhändigen Testament steht es daher nicht entgegen, wenn dieses in den Räumen des Notars in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Beurkundung einer letztwilligen Verfügung vom Erblassers abgefasst wird.

 

III.           Praxishinweise

Der Ausgangspunkt der vorliegenden Problematik ist den Beratern im Rahmen einer Nachfolgeberatung allgemein bekannt. Im Zusammenhang mit der Errichtung eines Erbvertrages oder eines notariellen Testaments wird häufig der Wunsch an den beurkundenden Notar herangetragen, er solle doch das Amt des Testamentsvollstreckers übernehmen. Dass dieser Wunsch nicht direkt umgesetzt werden kann, steht im Hinblick auf die Verbotsnormen der § 27, 7 Nr. 1 BeurkG außer Zweifel. Die Beurkundung einer Verfügung von Todes wegen, durch die der Notar selbst als Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, ist hinsichtlich der Ernennung unwirksam. Die Praxis hatte daher in der Vergangenheit verschiedene Wege entwickelt, um dem Wunsch der Beteiligten Rechnung zu tragen, die jedoch nicht alle erfolgreich waren.

 

Zwischenzeitlich hatte dann auch noch das OLG Bremen mit seiner Rechtsprechung für eine totale Verunsicherung der Praxis gesorgt, in dem es jegliche Verknüpfung einer privatschriftlichen Bestimmung zum Testamentsvollstrecker mit der notariellen Urkunde als potentielle und damit unzulässige Umgehung der §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG angesehen hat. Von dieser rigorosen Rechtsprechung ist das OLG Bremen dann später selbst wieder abgerückt.

 

Der BGH folgt mit seiner Entscheidung nunmehr einer engen Auslegung des § 27 BeurkG und gibt den Beteiligten damit einen für die Praxis zu begrüßenden größeren Handlungsspielraum. Als gesichert darf heute angesehen werden, dass die Bestimmung als Testamentsvollstrecker durch einen handschriftlich abgefassten Text des Verfügenden von Todes wegen wirksam ist, und zwar auch dann, wenn dieser Text im Nachgang zu der Verfügung von Todes wegen bezeichnet wird, auf diese Verfügung Bezug nimmt und sogar mit der notariellen Urkunde verbunden wird. Die Entgegennahme des handschriftlich veranlassten Nachtrags stellt keine Beurkundungstätigkeit des zum Testamentsvollstrecker ernannten Notars dar. Die Anheftung des handschriftlichen Zusatzes an den Erbvertrag stellt auch kleine Urkundstätigkeit dar. Schließlich liegt auch keine unzulässige Umgehung vor, da es nach Sinn und Zweck der §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG nicht um die Einschränkung der materiellen Testierfreiheit geht, sondern um das verfahrensrechtliche Verbot der Bestimmung des Notars als Testamentsvollstrecker in der eigenen notariellen Urkunde.

 

Wichtig ist, dass die beurkundete letztwillige Verfügung keine Benennung des amtierenden Notars zum Testamentsvollstrecker enthält, auch sollten entsprechende Hinweise auf eine gesondert eigenhändig verfasste Verfügung unterbleiben.

 

 

 

Ansprechpartner: RA und Notar Dr. Axel Berninger, Hannover



Autor: Dr. Axel Berninger