Irrtum von Anwälten oder Wettbewerbsbehörden schützt nicht vor Geldbußen

Im Jahr 1994 wurde die Spediteurs-Sammelladungs-Konferenz („SSK“) der Spediteure gegründet, um durch Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen Wettbewerb unter ihren Mitgliedern zu fördern. 1996 wurde die SSK sowohl von Anwälten als auch vom Kartellgericht als zulässiges „Bagatellkartell“ ohne Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel qualifiziert.

Im Rahmen eines Kartellverfahrens, welches durch einen Kronzeugen ausgelöst wurde, vertrat das Kartellgericht im Jahr 2011 daher die Auffassung, dass die an der SSK beteiligten Unternehmen wegen der Abstimmung der Preise nicht zu bebußen seien. Insbesondere aufgrund ihres Vertrauens auf den Beschluss des Kartellgerichts aus 1996 sowie ihres Vertrauens auf den bei einer auf Kartellrecht spezialisierten Anwaltskanzlei eingeholten Rechtsrat sei den Spediteuren kein Verschulden anzulasten, sodass nach Ansicht des Kartellgerichts die Verhängung einer Geldbuße ausscheidet.

Das Kartellobergericht zweifelte offensichtlich an dieser Auffassung und legte dem EuGH Rechtsfragen dahingehend vor, ob ein Irrtum seitens Anwälten in Kombination eines Irrtums des Kartellgerichts geeignet sei, das Verschulden der Unternehmen für eine allfällige Verhängung von Geldbußen auszunehmen. In seiner Entscheidung vom 18.6.2013 C 681/11, Schenker, führte der EuGH dazu wie folgt aus:

Ein Irrtum zur Rechtmäßigkeit des Verhaltens, welcher auf einen Rechtsrats eines Anwalts oder einer Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde zurückzuführen ist, stellt keinen Entschuldigungsgrund dar. Ein Unternehmen, das gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstoßen hat, kann daher nicht der Verhängung einer Geldbuße entgehen, wenn der Zuwiderhandlung ein Irrtum dieses Unternehmens über die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens zugrunde liegt, der auf dem Inhalt eines Rechtsrats eines Anwalts oder einer Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde beruht.

 

Autoren:

Dr. Christina Hummer
Dr. Lukas Leitner