Green Banking – Die nachhaltige Alternative

In Zeiten der gesteigerten Aufmerksamkeit für globale Erwärmung, Nachhaltigkeit, Biodiversität & Co sind Green Banking sowie nachhaltiges Anlegen und Investieren schon lange kein Nischenthema mehr. Durch die Auswirkungen des Klimawandels und der zunehmenden Ressourcenknappheit werden Banken, Klein- sowie Mittelunternehmen als auch große Konzerne nicht daran vorbeikommen ihr Geschäftsmodell nachhaltiger zu gestalten und klimaneutral zu wirtschaften.

Ganz im Zeichen des Klimaschutzes setzt die Europäische Union (EU) ihren Kurs in Richtung nachhaltiger und erneuerbarer Wirtschafts- und Finanzsysteme. Mit der Unterzeichnung des weltweiten Klimaschutzübereinkommens von Paris und der Annahme der Agenda 2030 hat sich die EU unter anderem zur Schaffung eines nachhaltigen und klimaverträglichen Finanzsektors verpflichtet. Das von der EU angestrebte Ziel bringt sowohl wirtschaftliche als auch regulatorische Veränderungen mit sich.

Übersicht

Bereits im Jahr 2018 hat die Europäische Kommission einen "Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums" veröffentlicht. Der Plan folgt dem Pariser Klimaabkommen 2016 sowie der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und gilt als erster umfassender Legislativvorschlag zur Umsetzung von Sustainable Finance in der EU.

Im Aktionsplan der Europäischen Kommission sind folgende drei Ziele festgelegt:

  • Umlenkung der Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen;
  • Bewältigung finanzieller Risiken aus dem Klimawandel;
  • Förderung der Transparenz und Langfristigkeit in Finanztätigkeiten.

Zudem wurden zur Umsetzung des Aktionsplans eine Reihe an umfassenden Regulierungen im "Green Banking Sektor" geschaffen.

Taxonomieverordnung

Mit der am 12.07.2020 in Kraft getretenen Verordnung (EU) 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 ("Taxonomie-Verordnung") wurde das erste EU-weite Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten geschaffen, welches bei der Gestaltung von Finanzprodukten anzuwenden ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass EU-Verordnungen in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sind und im Gegensatz zu EU-Richtlinien keiner Umsetzung in einen nationalen Rechtsakt bedürfen.

In der Taxonomie-Verordnung werden Kriterien für nachhaltige Investitionen festgelegt, um so den Grad der Umweltverträglichkeit einer Investition beurteilen zu können. Eine Investition gilt im Sinne der Verordnung als nachhaltig, wenn sie zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele wesentlich beiträgt:

  • Klimaschutz;
  • Anpassung an den Klimawandel;
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen;
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling;
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung;
  • Schutz gesunder Ökosysteme.

Gleichzeitig darf eine nachhaltige Investition aber nicht zu einer bestimmten erheblichen Beeinträchtigung eines oder gleich mehrerer Umweltziele führen. Die Wirtschaftstätigkeit muss zudem unter Einhaltung der festgelegten Mindestschutzanforderungen in den Bereichen Arbeitsstandard sowie Menschenrechte ausgeübt werden und den technischen Bewertungskriterien entsprechen.

Im delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung vom 04.06.2021 – der wie eine Verordnung unmittelbar anwendbar ist – wurden für die ersten beiden Umweltziele bereits technische Kriterien eingeführt, anhand deren bewertet werden soll, welche Tätigkeiten wesentlich zu Erreichung des Klimaschutzes oder der Anpassung an den Klimawandel beitragen können. Die Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu den restlichen Umweltzielen ist bis Ende 2021 zu erwarten.

Bei der Anwendbarkeit der Taxonomie-Verordnung ist eine Staffelung vorgesehen. Demnach sind die technischen Bewertungskriterien hinsichtlich der Ziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bereits ab 01.01.2022 und hinsichtlich der restlichen vier Umweltziele erst ab 01.01.2023 anwendbar.

Ferner wurde für die Beratung der technischen Bewertungskriterien zur Erreichung der sechs Umweltziele eine Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen errichtet. Die Plattform besteht aus Vertretern der Europäischen Umweltagentur, der Europäischen Aufsichtsbehörden, der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds sowie Sachverständigen. Unter dem Vorsitz der Europäischen Kommission nimmt die Plattform primär eine Beratungs-, Analyse- und Unterstützungsfunktion wahr.

Offenlegungsverordnung

Auf europäischer Ebene wurde mit der Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor ("Offenlegungs-Verordnung"), in Kraft seit 29.12.2019, ein Regelwerk geschaffen, das Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater verpflichtet, umfassende Informationen bezüglich Nachhaltigkeitsrisiken offenzulegen. Als Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater im Sinne der Verordnung gelten unter anderem

  • Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, die Anlageberatung und/oder Portfolioverwaltung anbieten;
  • Versicherungsunternehmen und -vermittler, die Versicherungsanlageprodukte (IBIP) anbieten und/oder Versicherungsberatung für IBIP erbringen;
  • AIF- und OGAW-Verwaltungsgesellschaften;
  • AIFM und OGAW-Verwaltungsgesellschaften, die Anlageberatung anbieten.

Sofern die einzelnen Mitgliedsstaaten nichts Gegenteiliges regeln, sind von der Anwendung der Offenlegungs-Verordnung Versicherungsvermittler und Wertpapierfirmen ausgenommen, die weniger als drei Mitarbeiter beschäftigen.

Unter Nachhaltigkeitsrisiken werden Ereignisse oder Bedingungen verstanden, deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert von Vermögenswerten, auf die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage oder Reputation eines Unternehmens haben könnte.

Durch die Verordnung wurde Klarheit darüber geschaffen, wie institutionelle Anleger Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (sogenannte ESG-Faktoren) in ihre Anlageentscheidung einzubeziehen haben.

Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater sollen nunmehr offenlegen, wie und in welchem Umfang sie ESG-Faktoren heranziehen und welche Strategien sie zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei ihrem Investitionsentscheidungsprozess verfolgen. Zudem haben Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu veröffentlichen, ob und wie sie nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen. Bei Finanzmarktteilnehmern mit mehr als 500 Mitarbeitern bedarf es darüber hinaus ab 30.06.2021 einer Erklärung über Strategien zur Wahrung der Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren.

Die Offenlegungen zu Produkten mit ökologischen oder sozialen Merkmalen oder nachhaltigen Finanzprodukten haben sowohl über die Internetseite als auch in Form von (vor-) vertraglichen Kundeninformationspflichten zu erfolgen.

Ab dem Jahr 2023 ist zusätzlich ein Taxonomie-Reporting für Produkte mit ökologischen Nachhaltigkeitsaspekt vorgesehen. Finanzmarktteilnehmer sind sodann verpflichtet, Informationen offenzulegen, wie und in welchem Umfang die Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten herangezogen werden, wenn sie Finanzprodukte als ökologisch nachhaltige Investitionen oder als Investitionen mit ähnlichen Merkmalen anbieten. Dabei werden drei Arten von Finanzprodukten unterschieden:

  • Finanzprodukte, die ökologische oder soziale Merkmale bewerben ("hellgrüne" Produkte);
  • Finanzprodukte, die eine nachhaltige Investition anstreben ("dunkelgrüne" Produkte); und
  • sonstige Finanzprodukte.

Die Offenlegungs-Verordnung ist Großteils ab 10.03.2021 anwendbar. Die Offenlegung der Informationen in den regelmäßigen Berichten (z.B. Jahresabschlüssen) der Finanzmarktteilnehmer ist erst ab 21.01.2022 verpflichtend vorgesehen.

EBA-Guidelines betreffend nachhaltiger Kreditvergabe

Am 29.05.2020 wurden von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung veröffentlicht, die auf Neukredite ab dem 30.06.2021 anzuwenden sind. Die EBA-Leitlinien wurden auf Basis der Erfahrungen nationalen Aufsichtsbehörden entwickelt und sollen identifizierte Unzulänglichkeiten in aktuellen Kreditvergabepraktiken adressieren. Die Leitlinien erläutern das Zusammenwirken von Kreditvergabe, ESG-Faktoren und Geldwäsche- sowie Terrorismusfinanzierungsprävention. Durch die Vorgaben in den Leitlinien soll die Kreditwürdigkeitsbeurteilung der Banken, die Kredite an Konsumenten, KMU und Firmenkunden vergeben, verbessert werden.

Die Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um den EBA-Leitlinien nachzukommen.

Insbesondere beinhalten die EBA-Leitlinien folgende Regelungsbereiche:

  • Interne Governance: Interne Rahmenbedingungen für Kreditaktivitäten und Kreditrisikostandards und -prozesse (Berücksichtigungen von ESG-Faktoren, Vorgaben für ökologisch nachhaltige Kreditvergabe und Kreditrisikobeurteilung, etc);
  • Kreditentscheidungen: Einführung eines klaren und dokumentierten Rahmens für Kreditentscheidungen;
  • Bepreisung: Rahmenwerk für die Bepreisung von Krediten im Hinblick auf die Erfordernisse von risikoadjustierten Leistungsindikatoren nach der Größe, Art und Komplexität des Darlehens sowie des Risikoprofils des Kreditnehmers;
  • Sicherheiten: Vorgaben zu den Strategien und Verfahren für die korrekte Bewertung von Sicherheiten;
  • Überwachungssystem: Vorgaben bezüglich des Kreditüberwachungsprozesses samt angemessener Dateninfrastruktur, automatischer Datenaufbereitung, Risikomanagement, Frühwarnindikatoren und Watchlisten.

Die von der EBA veröffentlichen Guidelines zur Kreditvergabe und Überwachung sind für die Vergabe von Neukrediten ab 30.06.2021 und für Vertragsanpassungen bestehender Kredite erst ab 30.06.2022 anwendbar.

Aktueller Stand und Ausblick

Die dargelegten legislativen Maßnahmen auf EU-Ebene stellen die Ersten dieser Art im Hinblick auf die Einrichtung eines nachhaltigen Finanzsystems dar. Zukünftig sind noch weitere Schritte im Bereich des Sustainable Finance zu erwarten, um so die Berücksichtigung von ESG-Faktoren in sämtlichen Wirtschaftsbereichen weitgehend sicherzustellen und den mit dem Klimawandel verbundenen Risiken entgegenzuwirken. Auch bei der Kreditvergabe zielen die Maßnahmen (angemessene Berücksichtigung von ESG-Faktoren, Offenlegung und Taxonomie) darauf ab, Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umzulenken und diese transparent zu gestalten.