EuGH: Wiederholungstäter bei Kartellfällen

Der Europäische Gerichtshof („EuGH“) bestätigte erneut am 05.03.2015 in den Verbundenen Rechtssachen C-93/13 P und C-123/13 P die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität. Darüber hinaus hat es in diesem Urteil vor allem die Kriterien für die Haftung eines Wiederholungstäters als solches präzisiert.

Am 05.12.2007 erließ die Europäische Kommission („Kommission“) eine Entscheidung, womit Polimeri Europa SpA („Polimeri“) aufgrund der Teilnahme am Kartell für Chloropren-Kautschuk in die Haftung gezogen wurde. Versalis SpA („Versalis“) ist der Gesamtrechtsnachfolger von Polimeri, welches wiederum eine Tochtergesellschaft der EniChem Elastomeri Srl („EniChem“) war. EniChem war eine zu über 99% gehörende Tochtergesellschaft der ENI SpA („ENI“).

Versalis war mithin schon die dritte Tochtergesellschaft von ENI, die einen Wettbewerbsverstoß begangen hatte. Die Kommission erließ dementsprechend eine Geldbuße für Polimeri und ENI in Höhe von EUR 132 Mio, welche einen Zuschlag des Grundbetrages in Höhe von 60% aufgrund der Einstufung als Wiederholungstäter beinhalte.

Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Kommission nur teilweise. Hinsichtlich der Wiederholungstäterschaft hielt es fest, dass die Erhöhung des Grundbetrags nur 50% statt 60% betragen soll und der in der Berechnung verwendete Multiplikator von 1,4 auf 1,2 reduziert werde. Weiters führte es aus, dass diese Wiederholungstäterschaft nicht ENI angerechnet werde können, sondern nur bei Versalis und mithin die Verringerung gerechtfertigt wäre.

Der EuGH bestätigte zunächst die von der Kommission ursprünglich festgestellte Haftung von Versalis aufgrund der Teilnahme am Kartell. Hinsichtlich des Zuschlags gegenüber ENI aufgrund der Wiederholungstat bzw der wiederholten gesamtschuldnerischen Haftung als 100%ige Muttergesellschaft eines Kartellteilnehmers führte der EuGH aus, dass eine Wiederholungstäterschaft bei unterschiedlichen Tochtergesellschaften angenommen werden kann, wenn diese Einheit zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung mit der Gesellschaft, die an der vorherigen Zuwiderhandlung beteiligt war, ein einziges Unternehmen gebildet hat. Darüber hinaus sei es nicht erforderlich, dass die Muttergesellschaft konkreter Adressat der vorherigen Entscheidung sei.

Entgegen dem Gericht stellte der EuGH allerdings fest, dass die Kommission nachweisen muss, dass die wiederholende zuwiderhandelnde Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf die an der ersten Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft ausgeübt hat.

Im Übrigen bestätigte der EuGH das Urteil des Gerichts.

Autoren:

Dr. Christina Hummer
Ori Kahn