EuGH hebt eine Entscheidung des Gerichts bezüglich der Aufhebung einer Geldbuße auf, indem es die Haftung für Muttergesellschaften bestätigt

Am 11. März 2008 hatte die Europäische Kommission („Kommission“) im Fall COMP/38.543 - internationalen Umzugsservice (International Removal Services) – mehrere Geldbußen für belgische Umzugsunternehmen aufgrund Ihrer Teilnahme an einem Kartell bezüglich direkte sowie indirekte Preis- und Submissionsabsprachen verhängt. Einer der Teilnehmer war die Gosselin Gruppe NV („Gosselin“), deren Anteile zu 92% der Stichting Administratiekantoor Portielje(„Portielje“) und 8% der Vivet in Gosselin NV gehörten, in denen Portielje wiederrum 99,87% gehört.

Portielje ist eine Stiftung die keine kommerziellen Tätigkeiten betreibt, sondern „bringt Familien-Aktionäre zusammen, um eine einheitliche Verwaltung zu gewährleisten“. Daher hat die Kommission Portielje die gesamtschuldnerische Haftung mit Gosselin für eine Geldbuße in Höhe von EUR 370,000 verhängt. Diese wurde im Nachhinein auf EUR 270,000 gemindert.

Am 16 Juni 2011 hat das Gericht in den verbundenen Rechtssachen T-208/08 Gosselin Gruppe und Stichting Administratiekantoor Portielje v Kommission und T-209/08 Stichting Administratiekantoor Portielje v Kommission die gesamtschuldnerische Geldbuße in Höhe von EUR 270,000 für Portielje aufgehoben.

Nach Auffassung des Gerichts stellte Portielje keine wirtschaftliche Einheit mit Gosselin im wettbewerbsrechtlichen Sinne dar, da die Kommission nicht bewiesen hatte, dass Portielje weder einen direkten noch einen indirekten bestimmenden Einfluss auf das Management von Gosselin hatte und somit wirtschaftlich tätig war. Des Weiteren hätte die Kommission die Haftung von Gosselin an Portielje irrtümlich zugerechnet, da diese keinen entscheidenden Einfluss auf Gosselin auswirkte. Folglich hat das Gericht die Entscheidung der Kommission bezüglich Portielje aufgehoben.

Nichtsdestotrotz hat das Europäische Gerichtshof (“EuGH”) am 11. Juli 2013 das o.g. Urteil des Gerichts im Fall 440/11 P, Kommission v Stichting Administratiekantoor Portielje, aufgehoben, da Portielje doch eine Hundertprozentige Kontrolle über Gosselin hatte. Die bloße nicht-Teilnahme von Muttergesellschaften an geschäftsführenden Entscheidungen von einer Tochtergesellschaft reicht nicht zur Widerlegung der Vermutung auf, dass ein bestimmender Einfluss ausgeübt wird.

Dieses Urteil steht im Einklang mit der bisherigen weiten Auslegung des EuGH bezüglich der elterlichen Haftung.

Autoren:

Christina Hummer
Ori Kahn