EuGH: Gerichtszuständigkeit für kartellrechtliche Schadensersatzklagen

Die Zuständigkeit des jeweiligen Gerichtes für Schadensersatzklagen von Geschädigten aus einem rechtswidrigen Kartell bestimmt sich grundsätzlich nach der Verordnung (EG) NR. 44/2001 vom 22.12.2000 („Brüssel-I-Verordnung“), wonach der Wohnsitz des Beklagten maßgebend ist. Gibt es dabei in demselben Verfahren mehrere Beklagte mit verschiedenen Wohnsitzen, hat der Kläger die Wahl, sich an eines der Gerichte zu wenden, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat.

In März 2009 erhob die belgische Gesellschaft Cartel Damage Claims Hydrogen Peroxie SA („CDC“) eine Schadensersatzklage gegen Teilnehmern des Kartells für Wasserstoffperoxid und Natriumperborat. Das Kartell wurde von der Europäischen Kommission („Kommission“) im Mai 2006 aufgedeckt und mit einer Geldbuße von insgesamt über EUR 388 Mio. bebußt.

Mit Hinblick auf die Zuständigkeitsregelung der Brüssel-I-Verordnung hatte CDC die Klage beim Landgericht Dortmund eingereicht. Bei den Beklagten handelte es sich um sechs Kartellteilnehmern, von denen einer, Evonik Degussa GmbH („Evonik“), seinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Allerdings wurde die Klage gegenüber Evonik bereits im September desselben Jahres aufgrund eines außergerichtlichen Vergleiches zurückgenommen. Die Klage blieb jedoch hinsichtlich der weiteren Beklagten, von denen keiner einen Wohnsitz in Deutschland hatte, unberührt.

Folglich wurde von den Beklagten vorgeführt, dass dem Landgericht Dortmund nunmehr die internationale Zuständigkeit für das Verfahren fehlte. Darüber hinaus hätten sie mit den Geschädigten bereits Gerichtsstand- und Schiedsklauseln in ihren Lieferverträgen vereinbart. Mithin hat das Landgericht Dortmund die Zuständigkeitsfrage dem europäischen Gerichtshof („EuGH“) vorgelegt.

Der EuGH nahm hierzu am 21.05.2015 in der Rechtssache C-352/13 Cartel Damage Claims Hydrogen Peroxide SA gegen Akzo Nobel NV u.a. Stellung. Zunächst hat er festgestellt, dass es nach der Brüssel-I-Verordnung möglich ist, eine Klage gegen mehrere Beteiligten mit verschiedenen Wohnsitzen in der Europäischen Union vor einem einzigen Gericht zu erheben. Dabei müssen Kartellteilnehmer gegebenenfalls mit Schadensersatzklagen von Mitgliedsstaaten rechnen, in denen die anderen Teilnehmer ansässig sind. Darüber hinaus wirke sich das Zurücknehmen der Klage gegen einen der Beteiligten nicht auf die Gerichtszuständigkeit hinsichtlich der restlichen Beteiligten aus.

Weiters stellte der EuGH fest, dass Geschädigte die Wahl haben, eine Schadensersatzklage entweder vor dem Gericht des (i) Gründungsorts des Kartells, (ii) des Ortes einer spezifischen Absprache oder (iii) des Ortes des Schadenserfolges zu erheben. Dabei sei jedoch zu beachten, dass Schadensersatzklagen, die auf ein wettbewerbswidriges Verhalten beruhen, nur dann Gerichtsstandklauseln unterworfen sind, wenn der Geschädigte einer solchen spezifischen Klausel hinsichtlich Rechtsstreitigkeiten aus deliktischer Haftung zugestimmt hat. Allgemeine Gerichtsstandklauseln hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten vertraglicher Natur seien hierzu nicht übertragbar.

Autoren:

Dr. Christina Hummer
Ori Kahn