EuGH bestätigt Urteil des Gerichts bezüglich Industriesäcken-Kartell

I. Einführung

Am 30. November 2005 verhängte die Europäische Kommission („Kommission“) Geldbußen insgesamt in Höhe von EUR 291 Mio. gegen sechzehn Unternehmen die am Industriesäcke-Kartell beteiligt waren. Unter den betroffenen Unternehmen befanden sich auch Trioplast Wittenheim SA („Trioplast Wittenheim“) und die jeweiligen Muttergesellschaften wegen ihrer Teilnahme an kartellrechtswidrigen Absprachen hinsichtlich Industriesäcke aus Kunststoff in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden zwischen 1990 und 1999. Die Absprachen bezweckten die Festsetzung von Preisen, Erarbeitung gemeinsamer Preisberechnungsmethoden, Aufteilung von Märkten, Zuweisung von Verkaufskontingenten-, Kunden und Aufträgen, Abstimmung von Angeboten bezüglich Ausschreibungen und einen Austausch sensibler Informationen.

II. Geldbußen gegen Trioplast Wittenheim bzw. deren wirtschaftlichen Einheiten

Trioplast Wittenheim wurde zwischen Dezember 1990 und Dezember 1991 von FLS Plast A/S („FLS Plast“) zu 100% erworben. FLS Plast ist zugleich eine Tochtergesellschaft der FLSmidth & CO A/S („FLSmidth“). Zum 1. Januar 1999 wurde Trioplast Wittenheim dann wiederum von Trioplanex France SA („Trioplanex France“), Tochtergesellschaft der Trioplast Industrier AB („Trioplast Industrier“), erworben.

Die Geldbuße gegen Trioplast Wittenheim betrug insgesamt EUR 17,85 Mio. Dabei bekam Trioplast Industrier bzw. die zweite, spätere, wirtschaftliche Einheit eine Ermäßigung von 30 %, da sie auch als Kronzeuge mit der Behörde kooperiert hatte. Somit wurden FLSmidth und FLS Plast für bis zu EUR 15,30 Mio, sowie Trioplast Industrier für bis zu EUR 7,73 Mio. gesamtschuldnerisch mit Trioplast Wittenheim in die Haftung gezogen.

III. Würdigung des Gerichts und des Europäischen Gerichtshofes bezüglich gesamtschuldnerische Haftung

FLS Plast legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung auf Grundlage von Rechtsfehlern bei der Berechnung der Geldbuße, einer falschen Beurteilung der wirtschaftlichen Einheit und einer unangemessenen Höhe der Geldbuße ein

Das Gericht bestätigte am 6. März 2012 in der Rechtssache T-64/06, FLS Plast gegen Europäische Kommission, dass die Kommission die tatsächliche Kontrolle von FLS Plast über Trioplast Wittenheim für das Jahr 1991 nicht hinreichend nachgewiesen hat. Da FLS Plast bis Ende des Jahres bzw. Dezember 1991 nur 60% der Anteile von Trioplast Wittenheim erworben hatte, sei es von der Kommission fehlerhaft gewesen, ebenfalls die Ausübung eines bestimmenden Einflusses von FLS Plast auf Trioplast Wittenheim für diesen Zeitraum zu vermuten und somit eine gesamtschuldnerische Haftung auch für dieses Jahr zu begründen. Folglich wurde die gesamtschuldnerische Haftung für FLS Plast auf EUR 14,45 Mio. herabgesetzt.

Der Europäische Gerichtshof („EuGH“) bestätigte am 19. Juni 2014 in der Rechtssache C-234/12P, FLS Plast gegen Europäische Kommission, dass FLS Plast im Zeitraum 1992 – 1998 einen bestimmenden Einfluss auf Trioplast Wittenheim hatte, und somit die Kommission zumindest ab 1992 die sog. Kapitalbezogenen Vermutung richtig angewandt hat.

IV. Würdigung des EuGH hinsichtlich der Kronzeugenregelung

Weiters argumentierte auch FLS Plast, dass die Minderung der Geldbuße in Höhe von 30 % im Rahmen der Kronzeugenregelung sich auch auf den Teil der Geldbuße erstrecken sollte, für den FLS Plast gesamtschuldnerisch mit in die Haftung gezogen wurde. Diesbezüglich bestätigte der EuGH allerdings wieder, dass sich eine Ermäßigung im Rahmen der Kronzeugenregelung nicht auf ein Unternehmen erstrecken kann, dass zwar Teil der betroffenen wirtschaftlichen Einheit ist, jedoch bei der Kooperation mit der Behörde nicht teilgenommen bzw. mitgewirkt hat.

Autoren:

Dr. Christina Hummer
Ori Kahn