EuGH bestätigt die Haftung von Muttergesellschaften - auch bei Joint Ventures

Am 20.10.2004 verhängte die Europäische Kommission („Kommission“) eine Geldbuße in Höhe von EUR 2,59 Mio. gesamtschuldnerisch gegen das amerikanische Unternehmen Dimon Inc. („Dimon“) wegen der Teilnahme an einem Kartell im spanischen Rohtabakmarkt von ihrer Tochtergesellschaft Agroexpansión S.A („Agroexpansión“). Das Kartell, welches bereits 1996 begann, richtete sich auf die Festlegung der durchschnittlichen Lieferpreise und Durchführung von Gebietsabsprachen. Beide Unternehmen legten einen Einspruch auf die Entscheidung der Kommission ein, indem sie die Nichtigerklärung oder zumindest die Herabsetzung der Geldbuße beantragten.

Hintergrund zu den Eigentumsverhältnissen von Agroexpansión ist, dass Agroexpansión am 18. November 1997 von Intabex Nederland BV („Intabex“) erworben wurde. Intabex wiederum wurde im April 1997 von Dimon erworben. Im Jahr 2005 haben sich die Unternehmen Dimon und Standard Commercial Corporation („SCC“) zu dem Unternehmen Alliance One International Inc. („AOI“) zusammengeschlossen.

In 2011 erteilte das Gericht in der Rechtssache T-38/05, Agroexpansión gg Kommission, eine weitere Reduktion von 5% für Agroexpansión für dessen Kooperation im Kartellverfahren. Somit wurde die Gesamtsumme der Geldbuße auf EUR 2,43 Mio reduziert. Weiters bestätigte es in der Rechtssache T-41/05, Alliance One International gg Kommission, dass die Muttergesellschaft nur für den Zeitraum haftet, indem sie eine wirtschaftliche Einheit mit der Tochtergesellschaft bildet. Da im konkreten Fall Agroexpansión bereits seit 1996 Teilnehmer des Kartells war und folglich erst nach Beginn der Zuwiderhandlung von AOI (vormals Dimon) erworben wurde, reduzierte das Gericht ebenfalls die gesamtschuldnerische Haftung dieser Muttergesellschaft auf EUR 2,19 Mio.

Diese Urteile wurden nun am 26.09.2013 vom Europäischen Gerichtshof („EuGH“) durch den Rechtssachen C-668/11 und C-679/11, Alliance One International Inc. gg Kommission bestätigt. Der EuGH führte erneut aus, dass die Kommission eine 100%-ige Kontrolle bzw. von einen bestimmenden Einfluss seitens der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft ausgehen kann, wenn das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft von ihrer Muttergesellschaft gehalten wird. Zu beachten sei allerdings, dass die Kommission auch mit anderen Beweismitteln einen bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft feststellen kann und somit nicht nur an die widerlegbare Vermutung gebunden ist (sog. „doppelte Grundlage“).

Wird eine Tochtergesellschaft jedoch nicht zu 100% von einer Muttergesellschaft gehalten, ist ein bestimmender Einfluss jedenfalls zu prüfen. Dementsprechend führte der EuGH in den Rechtssachen C-179/12 P, The Dow Chemical Company gg Kommission, und C-172/12 P, EI du Pont de Nemours gg Kommission, ebenfalls vom 26.09.2013, hinsichtlich Joint Ventures aus, dass dessen Muttergesellschaften mit einem jeweiligen Anteil von 50% an der Tochtergesellschaft auch jeweils gesamtschuldnerisch für Kartellverstöße des Joint Ventures haften können. Hierfür obliegt es der Kommission anhand von konkreten Beweismitteln nachzuweisen, dass eine Muttergesellschaft von einem Joint Venture, einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübte, um in die gesamtschuldnerische Haftung genommen zu werden. Wird ein solcher Einfluss von der Kommission festgestellt, sind diese Muttergesellschaften mit ihrer Tochtergesellschaft als eine wirtschaftliche Einheit und folglich als ein Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne anzusehen und haften somit gesamtschuldnerisch für das kartellwidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft.

Autoren:
Dr. Christina Hummer
Ori Kahn