Die EU Kommission empfiehlt das UK nicht dem Lugano-Übereinkommen beitreten zu lassen

Mit 08.04.2020 stellte das Vereinigte Königreich („UK“) den Antrag dem Lugano-Übereinkommen 2007 beizutreten. Für UK galt dieses Abkommen als Mitgliedstaat der Europäischen Union schon bisher, mit dem Austritt aus der EU am 31.01.2020 galten diese Bestimmungen angesichts des Übergangszeitraums noch bis zum 31.12.2020 weiter.

Worum geht es im Lugano Übereinkommen?

Zwischen den Vertragsparteien, bestehend aus der Europäischen Union, Dänemark (als eigenständiger Vertragspartner) sowie den drei EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen und Island (Liechtenstein ist als einziger EFTA-Staat nicht vertreten), wurde das Lugano-Übereinkommen aus dem Jahr 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen geschlossen.

Darin finden sich einerseits Regelungen über die internationale gerichtliche Zuständigkeit, anderseits auch Bestimmungen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Es zielt auf eine weitgehende Gleichstellung von Urteilen der Gerichte anderer Mitgliedstaaten mit denen nationaler Gerichte ab und ist der EuGVVO nachkonzipiert. Keine Anwendung findet das Übereinkommen hingegen bei steuer, zoll- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten.

Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass auch künftige EFTA und EU-Mitgliedstaaten dem Übereinkommen beitreten können, wobei unter den Vertragsparteien Einstimmigkeit über einen Beitritt herrschen muss.

Rein theoretisch wäre es möglich, dass auch ein beliebiger Drittstaat dem Übereinkommen beitritt. Allerdings ist es so, dass das Übereinkommen die Beziehungen der EU zu Drittstaaten unterstützt, die im Regelungsbereich besonders eng mit der EU verbunden sind. Dies äußert sich zB dahingehend, dass die Mitgliedstaaten, wenn auch nur teilweise, Teil des EU-Binnenmarktes sind und sich dem freien Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr unterwerfen.

Welche Empfehlung wird seitens der EU-Kommission abgegeben?

Die Europäische Kommission hat in einer Mitteilung am 04.05.2021 an den Rat und das Europäische Parlament nun dahingehend eine Empfehlung abgegeben, dass die EU einem Beitritt von UK zum Lugano Übereinkommen nicht zustimmen sollte. Dies wurde so begründet, dass UK ein Drittstaat ohne besondere Verbindung zum Binnenmarkt sei. Zwischen UK und EU gilt zwar seit dem 01.01.2021 ein Freihandelsabkommen, welches zwar Erleichterungen im Handel vorsieht, allerdings keine Grundfreiheiten und Politikbereiche enthält, die dem Binnenmarkt angehören. UK wäre zwar dahingehend ein Drittstaat aber nur ein Drittstaat mit einem „normalen“ Freihandelsabkommen mit keiner Teilnahme am EU-Binnenmarkt.

Vielmehr sollte für eine zukünftige justizielle UK-EU Zusammenarbeit im Bereich des Zivilrechts das Haager-Übereinkommen 2005 („HGÜ“) Anwendung finden. Allerdings ist das HGÜ nur auf ausschließliche Gerichtsstandvereinbarungen anzuwenden und gilt in einigen wesentlichen Gebieten des Zivilrechts nicht (dies betrifft vor allem außervertragliche Ansprüche).

Nicht abschließend geklärt ist darüber hinaus auch nicht die Angelegenheit ob Gerichtsstandvereinbarungen nach dem HGÜ auf die Gerichte in UK angewendet werden können, die schon vor dem 01.01.2021 existierten. Auch in diesem Themengebiet herrscht keine Einigkeit, denn UK befürwortet dies, währenddessen sich die Europäische Kommission gegen die Anwendung von älteren Gerichtsstandvereinbarungen ausspricht.

FAZIT

Als abschließendes Fazit kann gezogen werden, dass die dementsprechenden Verträge mit UK-Berührung überprüft werden sollten, schließlich richtet sich die Zuständigkeit in Gerichtsverfahren im Bereich des Zivil- und Unternehmensrechts seit dem 01.01.2021 nach nationalem Recht.