Cryptoassets – Digitale Wertträger

Alternative Wertträger sind keine Erfindung des vergangenen Jahrzehnts, ja nicht einmal des 21. Jahrhunderts. Bereits ab 1929 als Reaktion auf die damalige Weltwirtschaftskrise gab es – damals regional eingegrenzt und zumeist auf Initiative der Gemeinden – mit dem „Wära“ in Deutschland (1929) und dem „Wörgler Schwundgeld“ in Österreich (1932) Versuche, durch die Einführung alternativer Zahlungsmittel volkswirtschaftlich positive Effekte wie beispielsweise die Senkung der Arbeitslosenzahlen zu generieren. Diese Zahlungsmittel konnten innerhalb ihres jeweiligen räumlichen Geltungsbereichs zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, wurden also im (regionalen) Wirtschaftsverkehr anstelle staatlicher Währungen entgegengenommen. Aufgrund der Verletzung des Banknotenprivilegs der Nationalbanken hatte keines dieser Systeme lange Bestand.  

Der entscheidende Durchbruch zur Schaffung einer „Digitalwährung“ als alternativen Wertträger gelang jedoch mit der Cryptocurrency Bitcoin, dessen Funktionsweise erstmals in einer Publikation im Jahr 2008 vorgestellt wurde. Betrug der erste Wechselkurs im Jahr 2011 noch USD 0,07, stieg er – trotz heftiger Kursschwankungen – kontinuierlich und erreichte Mitte April 2021 einen Höchststand von USD 64.784,14. Dies entspricht einer Wertsteigerung von 92.548.657,43%.

Mittlerweile besteht eine schier unüberblickbare Vielzahl an digitalen Wertträgern, die unter dem Oberbegriff „Cryptoassets“ zusammengefasst werden können.


Inhaltsübersicht


Welche Eigenschaften hat ein Cryptoasset?

Trotz der Vielfalt an Cryptoassets lassen sich mehrere Merkmale feststellen, die jedem Cryptoasset anhaften:

  • Nutzung sicherer kryptografischer Methoden, um eine Korrumpierung des Systems auszuschließen.
  • Nutzung eines dezentral geführten Kontobuchs („distributed ledger“). Dies wird beispielsweise durch die Nutzung einer Blockchain erreicht.
  • (Grundsätzlich) keine Einbindung dritter Parteien zur Verwaltung des Systems, wie etwa Banken oder öffentliche Stellen.

Welche Arten von Cryptoassets gibt es?

Cryptoassets können aus technischer Perspektive im Wesentlichen in eigenständige Cryptocurrencies (mit ausgegebenen „Coins“) und sogenannte „Token“ unterteilt werden. Cryptocurrencies verwenden grundsätzlich ihre eigene Blockchain-Technologie. Token bauen in aller Regel auf bereits bestehenden Blockchains anderer Plattformen auf.

Hinsichtlich ihres Verwendungszwecks kann eine Unterteilung in drei Hauptgruppen vorgenommen werden, wobei jedenfalls eine Einzelfallbeurteilung vorgenommen werden sollte:

  • Coins/Payment Token: diese werden als Tausch- bzw Zahlungsmittel eingesetzt, um Waren oder Dienstleistungen beziehen zu können. 
  • Security Token: diese sind Wertpapieren nachgebildet und repräsentieren idR einen Anteil am Gewinn eines Unternehmens. Unternehmen können sich durch deren Ausgabe im Wege eines Security Token Offerings (STO) Kapital beschaffen.
  • Utility Token: diese verschaffen einen digitalen Zugang einem Produkt bzw einer Dienstleistung, die vom Emittenten bereitgestellt wird. Ebenso können mit ihnen sonstige Mitgliedschaftsrechte oder Zugangsrechte zu bestimmten Services des Emittenten begründet werden.

In welchen Bereichen besteht Regelungsbedarf?

Cryptoassets werfen eine Reihe schwieriger – und oftmals derzeit noch gar nicht gelöster – Rechtsfragen auf, welche die gesamte Bandbreite der Rechtsordnung betreffen. So stellt sich insbesondere die Frage, wie derartige digitale Wertträger aus währungsrechtlicher, zivilrechtlicher, aufsichtsrechtlicher und unternehmensrechtlicher Perspektive einzuordnen sind.

Eine weitere Herausforderung ist, dass Cryptoassets oftmals eine außerordentlich hohe Volatilität aufweisen. So reichten in der Vergangenheit oftmals schon einzelne Tweets, um massive Kursschwankungen auszulösen. Sohin ist die Schaffung klarer gesetzlicher Grundlagen erforderlich, um Investoren zu schützen und Marktverwerfungen zu verhindern.

Wie in vielen anderen technischen Bereichen besteht zudem auch bei Cryptoassets die ständige Gefahr, dass technologische Entwicklungen schneller als der gesetzgeberische Prozess voranschreiten. Damit können zum Zeitpunkt der Kundmachung neuer Bestimmungen bereits neue Produkte bestehen, auf die diese Bestimmungen möglicherweise nicht mehr anwendbar sind.

Die Europäische Kommission hat diese Themenkreise erkannt und bereits vor einiger Zeit einen Vorschlag für eine Verordnung zu Märkten von Crypto-Assets („Regulation on Markets in Crypto-Assets“ – MiCA-VO) veröffentlicht.

Was soll mit der MiCA-Verordnung geregelt werden?

Die MiCA-VO soll für Emittenten von Kryptowerten oder für Erbringer von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten in der Europäischen Union zur Anwendung kommen. Zumal es sich in der vorliegenden Fassung um einen bloßen Entwurf handelt, ist damit zu rechnen, dass im Trilog-Verfahren noch umfangreiche Abänderungen vorgenommen werden.

Der Begriff des „Kryptowerts“ wird dabei rein funktional und technologieneutral gesehen: bei einem solchen soll es sich um eine „digitale Darstellung von Werten oder Rechten“ handeln, die mittels einer Distributed Ledger-Technologie oder vergleichbaren Technologien auf elektronischem Wege übertragen und gespeichert werden können. Bestimmte Kryptowerte und Unternehmen werden jedoch vom Anwendungsbereich ausgenommen.

Ziel der MiCA-VO ist die Festlegung unionsweit einheitlicher Vorschriften, insbesondere durch Schaffung von Transparenz- und Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit der Ausgabe und Zulassung von Cryptowerten sowie der Zulassung von Anbietern von Krypto-Dienstleistungen und Emittenten bestimmter Token. Ebenso enthält sie Verbraucherschutzvorschriften sowie Maßnahmen, mit welchen Marktmissbrauch verhindert werden soll.

Verstöße gegen die MiCA-VO sollen mit teils empfindlichen Geldbußen von bis zu 15% des Jahresumsatzes des Emittenten im vorangegangenen Geschäftsjahr geahndet werden können. Überdies können Zwangsgelder verhängt werden. Die Mitgliedstaaten werden zudem zur Einführung von Verwaltungsstrafbestimmungen samt Geldstrafen hinsichtlich bestimmter Verstöße gegen die MiCA-VO verpflichtet.



Autor: Philipp L. Leitner