Deutschland: Brexit – Was gilt im deutschen Aufenthalts- und Arbeitsrecht?

Einreise und Aufenthalt

Seit dem 01.01.2021 haben britische Staatsangehörige, die bis dahin zum Aufenthalt oder zum Arbeiten in Deutschland berechtigt waren und vom diesem Recht Gebrauch gemacht hatten, im Wesentlichen dieselben Rechte wie vor dem Austritt. Diese Rechte bestehen kraft Gesetzes, sie können also ohne weiteres Zutun geltend machen werden. Um diese Rechte nachzuweisen, benötigt man zwingend ein Aufenthaltsdokument, das man bei der am Wohnort zuständigen Ausländerbehörde erhält. Bis zum 30.06. 2021 müssen britische Staatsangehörige, die am 31.12.2020 in Deutschland wohnen und weiterhin in Deutschland wohnen bleiben, ihren Aufenthalt bei der für ihren Wohnort zuständigen Ausländerbehörde anzeigen, um das neue Aufenthaltsdokument zu erhalten. Dieses Privileg gilt nur für britische Staatsangehörige (British citizen), die aufgrund ihres Status während der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU als Unionsbürger behandelt wurden.

Geschäftsreisen

Britische Staatsangehörige benötigen für Besuchs- und/oder Geschäftsreisen mit einer Aufenthaltsdauer von max. 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen kein Visum. Dies gilt allerdings nur, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden soll. Für britische Staatsangehörige gelten die Schengen-Einreisebestimmungen für von der Visumspflicht befreite Drittstaatsangehörige. Reisende haben beim Grenzübertritt die für die Einreise in die Schengener Staaten erforderlichen Dokumente und Belege mit sich zu führen, insbesondere ein gültiges Reisedokument und Belege über den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts. Sie müssen zudem über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts verfügen (für die Dauer des Aufenthalts und die Rückreise). Hierzu gehört auch eine angemessene Reisekrankenversicherung (ab 01.01.2021 ist die EHIC-Karte regelmäßig nicht mehr ausreichend).

Erwerbstätigkeit

Für neu einreisende britische Staatsangehörige gilt ab dem 01.01.2021 das allgemeine Ausländerrecht für Drittstaatsangehörige. Aber auch für längerfristige Aufenthalte in Deutschland – etwa zu Studien- oder Erwerbszwecken – benötigen neu einreisende britische Staatsangehörige kein Visum. Sie müssen am künftigen Wohnort bei der Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel beantragen. Wenn sie allerdings vor Erhalt des Aufenthaltstitels arbeiten möchten, müssen sie vor Einreise ein Visum beantragen, dass die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt.

Neu einreisende britische Fachkräfte und sonstige Beschäftigte erhalten einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt. Für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in Deutschland kann die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mit Vorrangprüfung zur Ausübung jeder Beschäftigung unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers erteilt werden.

Seit dem 01.01.2021 sind die auf Basis des Freizügigkeitsrechts gewährten Erleichterungen für Nicht-EU-Familienangehörige britischer und deutscher Staatsangehöriger nicht mehr anwendbar, weder bei der Visumsbeantragung, noch beim Grenzübertritt.



Autor: Dr. Christian Reichmann