„Neue“ De-Minimis-Bekanntmachung: Kernbeschränkungen gelten für jedes Unternehmen!

Am 25. Juni 2014 hat die Europäische Kommission („Kommission“) ihre Neufassung der de-minimis-Bekanntmachung erlassen. Prinzipiell regelt diese die Bewertung von grundsätzlich verbotenen Vereinbarungen, die jedoch aufgrund ihrer geringen Bedeutung nicht vom allgemeinen Kartellverbot erfasst werden. Sinn und Zweck der Bekanntmachung ist einerseits die vereinfachte Bewertung von Verhaltensweisen für klein- und mittelständische Unternehmen („KMUs“), um innerhalb des rechtlichen Rahmens zu handeln und zweitens die Ermöglichung der Kommission, sich auf die Fälle zu konzentrieren, die ein höheres Risiko der Verfälschung der Marktbedingungen darstellen.

Von der neuen Fassung sind jedoch die Marktanteilschwellen, anhand welche die Kommission die Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Wettbewerbs beurteilt, unberührt geblieben. Somit besteht auch weiterhin ein „Safe-Harbor“ für Vereinbarungen zwischen Wettbewerber, deren gemeinsamer Marktanteil nicht über 10 % beträgt, sowie für Unternehmen, die in einem vertikalen Verhältnis stehen, deren gemeinsamer Marktanteil nicht über 15 % beträgt.

Ab nun werden dabei jedoch von diesem „Safe Harbor“ nur solche Vereinbarungen umfasst, die keine Beschränkung des Wettbewerbs „bezwecken“. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes („EuGH“), wurde bereits am 13. Dezember 2012 in der Rechtssache C-226/11, Expedia, beschrieben, dass solche Verhaltensweisen nicht als von geringer Bedeutung zu beurteilen sind und mithin eine Spürbarkeit stets gegeben ist und somit solche per se eine Zuwiderhandlung darstellen.

Fernerhin wurde von der Kommission auch eine Leitlinie als Anlage zur Bekanntmachung hinzugefügt, in welcher beispielsweise gewisse Verhaltensweisen aufgelistet werden, die nach Ansicht der Kommission die Beschränkung des Wettbewerbs „bezwecken“ und mithin vom „Safe-Harbor“ ausgeschlossen sind.

Darunter zählen auch jegliche Absprachen, die Kernbeschränkungen im Sinne der Gruppenfreistellungsverordnungen darstellen, insbesondere Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die eine Festsetzung von Preisen, unerlaubte Produktionsbeschränkungen oder Aufteilung von Kunden- oder Märkten bezwecken. Dasselbe gilt auch für vertikale Vereinbarungen in Bezug auf Preisbindungen sowie rechtswidrige Exklusivitätsabsprachen.

Ausnahmsweise können gewisse Absprachen im Rahmen von Einkaufskooperationen, Vermarktungsvereinbarungen, Forschung und Entwicklungsvereinbarungen sowie Technologientransfer-Vereinbarungen vom „Safe Harbor“ umfasst werden, soweit diese keine Kernbeschränkung im Sinne der Gruppenfreistellungsverordnungen darstellen.

Autoren:

Dr. Christina Hummer
Ori Kahn