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Joint Venture – Das Wichtigste zum Gemeinschaftsunternehmen


Inhaltsübersicht


Was ist ein Joint Venture?

Unter einem Joint Venture (engl. „gemeinsames Wagnis“) versteht man die Kooperation von mindestens zwei Unternehmen, die sonst unabhängig voneinander agieren. Die dahinterstehenden Gesellschaften selbst bleiben im Rahmen eines Joint Ventures rechtlich und wirtschaftlich eigenständig. Die Zusammenarbeit ist in der Regel langfristig angelegt und dient unter anderem dazu Märkte, Vermögenswerte (insbesondere auch geistiges Eigentum) und Know-How zu teilen, gemeinsame Projekte durchzuführen und von den Synergieeffekten zu profitieren, aber auch um Risiken zwischen den beteiligten Unternehmen zu teilen.

Die beteiligten Unternehmen können, aber müssen nicht in der gleichen Branche tätig sein. Oftmals liegt auch eben ein Grund der Partnerunternehmen für dieses Joint Venture in dem Ziel der Erschließung neuer Märkte.

Welche Arten von Joint Ventures gibt es? 

Auf oberster Ebene lassen sich Joint Ventures grob in zwei Kategorien aufteilen: Equity Joint Ventures und Contractual Joint Ventures. Innerhalb dieser Kategorien bestehen jedoch zahlreiche Ausprägungen mit großen Gestaltungsspielräumen. 

Von Equity Joint Ventures spricht man, wenn die kooperierenden Unternehmen mit ihrem Kapital ein selbstständiges Unternehmen gründen. Hierbei handelt es sich um die „klassische Form“ eines Joint Ventures. Bei einem Equity Joint Venture erfolgt die Geschäftsführung durch die Organe des gegründeten, eigenständigen Gemeinschaftsunternehmens. Die gegründete Gesellschaft haftet dabei selbst (in dem Haftungsrahmen der jeweiligen Gesellschaftsform). 

Bei einem Contractual Joint Venture wird hingegen kein gemeinsames Unternehmen gegründet. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine vertraglich geregelte Kooperation mehrerer Unternehmen. Ein Contractual Joint Venture bringt es mit sich, dass die Steuerung der Kooperation unmittelbar durch die Joint Venture Partner erfolgt und diese auch haften.

Soll ein Equity Joint Venture gegründet werden, so kommen als Rechtsformen grundsätzlich sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften in Betracht. Bei der Entscheidung für eine Rechtsform sind viele Faktoren zu berücksichtigen. Üblich ist es jedoch, das Gemeinschaftsunternehmen als Kapitalgesellschaft zu gründen. Die Rechtswahl hat dabei nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Bilanzierung und Buchführung. Außerdem sind hierbei auch steuerrechtliche Erwägungen zu berücksichtigen.

Darüber hinaus lassen sich Joint Ventures auch nach der jeweiligen Branchenzugehörigkeit unterscheiden:

  • Besteht kein Zusammenhang zwischen den Branchen spricht man von einem konglomeraten Joint Venture.  
  • Weisen die Branchen eine gewisse Ähnlichkeit auf, handelt es sich um ein konzentrisches Joint Venture.
  • Stammen die Partnerunternehmen aus denselben Branchen, spricht man zum einen von einem horizontalen Joint Venture, wenn sich die Gesellschaften auch auf der gleichen Ebene innerhalb der Wertschöpfungskette befinden. 
  • Sind die Gesellschaften unterschiedlichen Ebenen angeordnet, bezeichnet man dies als vertikales Joint Venture.

Eine Unterscheidung kann ebenfalls in territorialer Hinsicht erfolgen. Man unterscheidet dabei, ob die Partnerunternehmen jeweils ihren Sitz im selben oder in verschiedenen Staaten haben:  

  • Befinden sich die Partnerunternehmen im selben Staat liegt ein Domestic Joint Venture vor.
  • Ist das nicht der Fall, spricht man von einem International Joint Venture.

Unterschiede gibt es auch bei der Höhe der Beteiligung der Gesellschafter an dem Gemeinschaftsunternehmen. Häufig handelt es sich bei den Joint Venture Partnern um gleichberechtigte Gesellschafter, sie sind also in derselben Höhe an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt (Paritätisches Joint Venture). Dies ist aber natürlich nicht zwingend. Auch andere Beteiligungsverhältnisse mit einem dominierenden Gesellschafter sind denkbar und nicht unüblich (Mehrheits-Joint Venture). 

Welche Vor- und Nachteile haben Joint Ventures?

Durch ein Joint Venture können die beteiligten Unternehmen ihre jeweiligen Stärken konzentrieren und neue Märkte effizient erschließen. Zwischen den Unternehmen findet ein Wissenstransfer statt, der völlig neue Möglichkeiten eröffnen kann. Gleichzeitig wird das unternehmerische Risiko auf mehrere Schultern verteilt, sodass dieses wiederum für den Einzelnen niedriger ist. Auch sind die finanziellen Aufwendungen häufig geringer. Dadurch können Waren und Dienstleistungen in vielen Fällen kostengünstiger angeboten werden. Hierdurch ergibt sich ebenfalls ein nicht zu verachtender Wettbewerbsvorteil. Insgesamt zeigt sich, dass Kooperationsunternehmen gegenüber ihren Mitbewerbern häufig deutlich besser aufgestellt sind.

Joint Ventures bringen naturgemäß natürlich auch Risiken und Nachteile mit sich. Zunächst muss, jedenfalls bei einem Equity Joint Venture, ein Unternehmen gegründet werden, einschließlich der Erstellung der komplexen Vertragsdokumentation. Dies bringt einen hohen Organisationsaufwand mit sich. 

Weiterhin kann das Risiko des Abflusses von Know-how oder einer zweckfremden Verwendung desselben durch den Joint Venture Partner drohen. Auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse können oder müssen unter Umständen offenbart werden. Das sich daraus ergebende Risiko gilt es durch vertragliche Regelungen zu reduzieren

Zu berücksichtigen ist darüber hinaus in rein praktischer Hinsicht, dass es bei unternehmerischen Entscheidungen einer – möglicherweise langwierigen – Koordination und Entscheidungsfindung zwischen den Unternehmen bedarf. Probleme und Risiken treten insbesondere dann auf, wenn zwischen Gesellschaftern mit identischer Beteiligung Uneinigkeit besteht und es schlimmstenfalls zu einem sogenannten Deadlock kommt. Von einem Deadlock spricht man, wenn die Gesellschafter aufgrund von Meinungsverschiedenheiten das Joint Venture blockieren. Das Gemeinschaftsunternehmen kann damit praktisch zum Stillstand kommen und handlungsunfähig werden. 

Um einen solchen Stillstand zu verhindern, haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Gestaltungsinstrumente, die das weitere Verfahren bei einer derartigen Pattsituation regeln, etabliert. Hierzu gehören zum Beispiel die aus der amerikanischen Vertragspraxis stammenden, „Russian Roulette“ und „Texas-Shoot-Out“ Klauseln sowie die sogenannte „Sizilianische Eröffnung“. Gleich ist diesen Regelungen, dass sie zur Auflösung der Patsituation das Ausscheiden eines der Gesellschafter gegen Entgelt aus dem Joint Venture vorsehen. Allein das Bestehen derartiger Klauseln können den Einigungsdruck erhöhen und den tatsächlichen Deadlock verhindern.  

Bei der Gestaltung derartiger Klauseln bestehen eine Vielzahl von Fallstricken. Insbesondere können die Anforderungen an die Wirksamkeit in den einzelnen Rechtsordnungen variieren und auch als unwirksam erachtet werden.

Welche Motive führen zu Joint Ventures?

Die Motive ein Joint Venture zu gründen sind vielfältig. Getragen werden die Motive in den meisten Fällen von strategischen Erwägungen. Dadurch können Synergien genutzt und neue Waren und Dienstleistungen erbracht und/oder auch eine Qualitätssteigerung erreicht werden. Auch können diese Waren und Dienstleistungen oft auf bisher unbekannten Märkten angeboten und vertrieben werden. Möglich ist darüber hinaus auch eine Kooperation im Hinblick auf die Nutzung von Produktionsstätten und -mitteln statt.

Daneben kann die Bildung eines Joint Ventures aber auch aufgrund von staatlichen Regelungen erforderlich sein. Gerade in Schwellen- und Entwicklungsländer sind die Staaten bedacht, ihre einheimischen Unternehmen zu schützen. So wird in einigen Staaten der Zugang zu bestimmten Märkten den nationalen Unternehmen vorbehalten, ausländischen Unternehmen wird der Zugang hingegen verwehrt. Um trotz derartiger Beschränkungen auf dem jeweiligen ausländischen Markt tätig werden zu können, ist eine Kooperation mit einem dort ansässigen Unternehmen unausweichlich. Das wohl bekannteste Beispiel ist hier wohl die Volksrepublik China, die den Zugang zu ihren Märkten streng reguliert. 

Wie geht man bei der Gründung eines Joint Ventures vor?

Wie die Gründung eines Joint Ventures erfolgt, hängt davon ab, welche Form und welche Rechtsform das Gemeinschaftsunternehmen haben soll. Bei einem Contractual Joint Venture ist lediglich ein Vertrag, der die schuldrechtlichen Verpflichtungen der Kooperation regelt, notwendig. Dieser Kooperationsvertrag unterliegt grundsätzlich der freien Ausgestaltung der beteiligten Unternehmen. Typischerweise wird in dem Vertrag der Zweck der Kooperation, die Haupt- und Nebenpflichten aller Beteiligten sowie die Kosten- und Gewinnverteilung festgehalten. Des Weiteren finden sich in dort Regelungen über Geheimhaltungspflichten, Haftungsfragen und Beendigungsmöglichkeiten der Kooperation.

Bei einem Equity Joint Venture wird hingegen ein neues, rechtlich selbstständiges Unternehmen gegründet. Hierbei sind die jeweilig geltenden (Form)Vorschriften der jeweiligen Rechtsform zu berücksichtigen. Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmen sind in der Regel die Joint Venture Partner. Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter werden häufig nicht nur im Gesellschaftsvertrag, sondern darüber hinaus in einer gesonderten Gesellschaftervereinbarung und/oder einem Kooperationsvertrag auf schuldrechtlicher Ebene geregelt. 

In Fällen eines Mehrheits-Joint Ventures, d.h. einer der Gesellschafter dominiert, ist es aus Sicht des unterlegenden Gesellschafters ratsam, dessen Rechte durch Instrumente des Minderheitenschutzes zu regeln. Dies kann zum Beispiel durch Zustimmungskataloge oder Vetorechte erfolgen, die in der Gesellschaftervereinbarung aufgenommen werden. Im Fall eines paritätischen Joint Ventures ist die Vereinbarung eines Deadlockverfahrens (s.o. unter 3.) zu empfehlen.

Joint Venture und Kartellrecht

Dadurch, dass ein Joint Venture eine Absprache zwischen mehreren Unternehmen darstellt, sind auch kartellrechtliche Vorschriften zu beachten. Ob das Kartellrecht Anwendung findet, hängt unter anderem von den Umsätzen der beteiligten Unternehmen sowie die Stellung dieser am relevanten Markt ab. 

Rechtliche Unterstützung beim Joint Venture Vertrag

Die vorgenannten Punkte bieten einen kleinen, aber nicht abschließenden, Einblick in die Komplexität eines Joint Ventures. Diese zeigen, dass vor und im Rahmen der Gründung eine Vielzahl von rechtlichen Fragen zu klären und Risiken zu bewerten sind. 

Diese Fragen beginnen bei der Wahl der Form und der Rechtsform des Joint Ventures und setzen sich fort über kartellrechtliche Fragestellungen, die Frage der Haftung und der Gewinnbeteiligung, dem Schutz von Know-how und Betriebsgeheimnissen und einer Vielzahl teilweise auch branchenspezifischer weiterer Punkte. Auch der Umgang mit Deadlock Situationen bei einem paritätischen Joint Venture oder aber der Minderheitenschutz bei einem Mehrheits-Joint Venture sollten im Vorhinein bedacht werden. 

Aufgrund dieser Mannigfaltigkeit sollte bereits zu Beginn ein kompetenter Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Hierdurch können diverse Risiken bereits im Vorfeld reduziert oder abgesichert und Streitigkeiten oder gar eine Handlungsunfähigkeit verhindert werden. 

Für individuelle Rechtsberatung zum Thema Joint Venture nehmen Sie gerne direkt Kontakt mit uns auf.